Funktionelle Stimmstörungen
Was sind funktionelle Stimmstörungen, welche Formen gibt es und wodurch entstehen sie?
Bei einer funktionellen Stimmstörung kommt es zu einer Veränderung des Stimmklanges ohne primär organische Ursachen. Das Schwingungs- und Schließungsverhalten der Stimmlippen (umgangssprachlich: Stimmbänder) ist gestört.
Jedoch können aus funktionellen Stimmstörungen im Verlauf auch sekundär organische Stimmstörungen (Knötchen, Polypen) entstehen.
Man unterscheidet verschiedene Formen einer funktionellen Stimmstörung:
1) Hyperfunktionelle Stimmstörung
Hierbei kommt es zu einer unabsichtlichen übertriebenen Kontraktion der Phonationsmuskulatur, einschließlich der Atem-, Artikulations- und Halsmuskulatur. Durch vermehrten Kraftaufwand wird versucht die Leistungsfähigkeit der Stimme auszugleichen. Bei einer extremen Kontraktion schwingen die Taschenfalten (welche sich oberhalb der Stimmlippen befinden) mit und erzeugen ebenfalls einen knarrenden, gepressten Stimmklang. Man spricht hierbei auch von einer Taschenfaltenstimme.
Bei organischen Veränderungen, wie z.B. bei einer Lähmung der Stimmlippen oder operativer Entfernung der Stimmlippen) kann die Taschenfaltenstimme auch als Ersatzphonation dienen.
Wodurch kann eine hyperfunktionelle Stimmstörung entstehen?
- häufiges unphysiologisches Sprechen im Beruf (z.B. Erzieherinnen, Lehrer, …), d.h. die Stimmlippen schwingen nicht ökonomisch
- Sprechen gegen Lärm
- Sprechen mit Schwerhörigen
- dauerhaftes Sprechen in unphysiologischer Tonhöhe (falsche mittlere Sprechstimmlage)
- Stimmüberlastung / Stimmfehlbelastung
- ungünstige Arbeits- und Berufsbedingungen (z.B. Einatmen von staubiger, trockener Luft)
- Stress / Überlastungsreaktion
- organische Faktoren (als sekundäre Folge), z.B. nach Entzündungen / allergischen Erkrankungen der Luftwege mit mangelnder Stimmschonung, Schwerhörigkeit, nach Kurz- oder Langzeitintubation oder nach mikrochirurgischer Stimmlippenoperation
2) Hypofunktionelle Stimmstörung
Bei einer hypofunktionellen Stimmstörung liegt eine Schwäche der Kehlkopfmuskulatur vor, was zu einem unvollständigem Stimmlippenschluss führt. .
Wodurch kann eine hypofunktionelle Stimmstörung entstehen?
- hyperfunktionelle Stimmstörung (durch den ständigen Kraftaufwand tritt ein Erschöpfungszustand der Muskulatur ein)
- gewohnheitsmäßige Fehlhaltung oder Ängstlichkeit
- Muskelschwäche (Myasthenie) nach einer Muskelentzündung (Myositis)
- starke Gewichtsabnahme
- Altersschwäche
- infolge einer Intubation
3) Psychogene Stimmstörungen
Von einer psychogenen Stimmstörung spricht man, wenn die Veränderung des Stimmklanges durch akute oder chronische seelische Belastungen auftritt. Die Veränderung des Stimmklanges tritt meist von einem Moment auf den anderen ein und verschwindet wieder genauso plötzlich.
Die Stimme kann sich entweder im Klang verändern oder auch ganz weg sein („aphon“).
Wodurch kann eine psychogene Stimmstörung entstehen?
- Trauma
- Depressionen
- Stress
- Ängste
- Konflikte
- Mobbing
4) Spastische Stimmstörung
Bei einer spastischen Stimmstörung klingt die Stimme gequält, scheppernd und angespannt.
Die Sprachlaute werden stoßweiße gesprochen, was ähnlich wie Stottern klingt („Stimmstottern“),
wobei die Muskeln von Kehle, Hals und Atemmuskulatur extrem angespannt sind. Mit fortschreitendem Sprechen verstärken sich die Symptome.
Wodurch kann eine spastische Stimmstörung entstehen?
- neurologische Störung, deren eigentliche Ursache nicht bekannt ist
- anhaltende oder zeitweise auftretende unwillkürliche Muskelanspannungen / Verkrampfungen
- abnormale, ungesteuerte Willkürbewegungen der Stimmlippen beim Stimmeinsatz
5) Störung der Singstimme (Dysodie)
Eine Veränderung des Stimmklangs kann grundsätzlich auch bei Sing- und Sängerstimmen auftreten.
Die Schwierigkeiten zeigen sich in erschwertem Pianosingen (leise singen), einer unsicheren Intonation, gestörtem Registerwechsel und einem reduziertem Schwelltonvermögen. Der Stimmumfang ist meist in der Tiefe eingeschränkt und die Tonhöhe und das Forte werden nur durch erhöhten Kraftaufwand erreicht.
Hinzu kommen häufig Trockenheitsgefühle in Hals und Rachen, Missempfindungen wie Kloß- oder Druckgefühl und eine schnelle Stimmermüdung.
Wodurch kann eine Störung der Singstimme entstehen?
- Konstitutionelle Schwäche der Kehlkopfmuskulatur
- falsche und unökonomische Atemtechnik
- mangelhafte Stimmtechnik und Gesangsausbildung
- zu schwierige oder zu früh angelegte Gesangspartien
- Fehlbeurteilung bei Stimmtyp und Stimmgattung (z.B. Singen in zu hoher oder zu tiefer Lage)
- seelische Belastungen
- Stress
6) Funktionelle Mutationsstimmstörungen
Als Stimmmutation bezeichnet man das Absinken der bisherigen mittleren Sprechstimmlage in der Pubertät. Bei Männern ändert sich die Stimmlage in der Pubertät um eine Oktave (8 Töne) bei Frauen um eine Terz (3 Töne).
Als Mutationsstimmstörung bezeichnet man alle Abweichungen von der normalen Stimmentwicklung in der Pubertät. Dabei kann die Stimmmutation zu spät bzw. gar nicht einsetzen, zu lange andauern, oder nicht abgeschlossen sein. Die Stimme kann auch noch höher werden als die eigentliche Kinderstimme und nicht wie gewöhnlich absinken.
Funktionelle Mutationsstimmstörungen können sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen auftreten.
Wodurch kann eine Mutationsstimmstörung entstehen?
- psychische Faktoren (Anpassungsstörung vom Kind zum Mann / Frau)
- es besteht eine Divergenz zwischen der Entwicklung des Gehirns und dem Stimmorgan
- eine Mutationsstimmstörung kann auch organisch bedingt sein