Orale Restriktionen

Was ist das Zungen- und Lippenband?
Das Zungenband ist ein dünnes Gewebebändchen, das die Unterseite der Zunge mit dem Mundboden verbindet. Es ist bei fast allen Menschen vorhanden, kann aber in seiner Länge und Dicke stark variieren. Meist wird es sichtbar, wenn man die Zunge am Gaumen ansaugt oder die Zungenspitze Richtung Gaumen hebt. Es spielt eine Rolle beim Schlucken, Sprechen und Stillen (bei Säuglingen).

Das Lippenband verbindet die Innenfläche der Lippe mit dem Zahnfleisch im Bereich der mittleren Schneidezähne. Es gibt ein oberes (meist stärker ausgeprägt) und ein unteres Lippenband. Es wird sichtbar, wenn man die Oberlippe anhebt bzw. die Unterlippe nach unten zieht.

Was sind orale Restriktionen und wodurch können sie entstehen?

Orale Restriktionen (auch bekannt als orale Einschränkungen oder orale Ankylognathien) sind strukturelle oder funktionelle Einschränkungen im Mundbereich, die vor allem durch verkürzte oder zu straffe Bänder entstehen – insbesondere:

  • Zungenband (Frenulum linguae)
  • Lippenband (Frenulum labii superioris/inferioris)
  • Seltener auch das Wangenband (Frenulum buccae)

Spezifische Sprachprobleme:

Diese Bänder können durch ihre Form, Position oder Spannung die Beweglichkeit der Zunge, Lippen oder Wangen einschränken. Das bedeutet, dass die Zunge nicht frei nach oben, vorne oder seitlich bewegt und / oder die Lippe nicht vollständig oder korrekt bewegt oder geschlossen werden kann. Dies kann Funktionen wie Saugen, Schlucken, Kauen, Sprechen und Atmen beeinflussen.

Was ist ein verkürztes Zungenband? Und welche Formen gibt es?

Das Zungenband (Frenulum linguae) kann auf zwei Arten eingeschränkt sein: als anteriores oder posteriores Zungenband. Beide Varianten gehören zur Ankyloglossie (Zungenbandverkürzung), unterscheiden sich aber in ihrer Lage, Erkennbarkeit und Auswirkung.

Das anteriore Zungenband („vorderes Zungenband“) setzt nah an der Zungenspitze an und ist meist gut zu erkennen, da das Band die Zungenspitze beim Herausstrecken oft herzförmig nach unten zieht. Hierbei kommt es zu deutlich eingeschränkten Zungenbewegungen (z. B. Hochheben oder Herausstrecken schwer möglich), häufig Stillprobleme bei Säuglingen und Sprachprobleme bei bestimmten Lauten.

Das Posteriore Zungenband („hinteres Zungenband“) befindet sich weiter hinten am Zungengrund und ist tiefer im Gewebe verborgen. Es ist von außen nicht leicht sichtbar und wird häufig bei Routineuntersuchungen übersehen. Die Zunge wirkt äußerlich beweglich, kann jedoch nicht gut bzw. nur unter Spannung und Kompensation (im Kiefer, Mund und Nackenbereich) nach oben zum Gaumen angehoben werden. Das posteriore Zungenband ist oft erst durch funktionelle Tests oder Palpation (Abtasten) erkennbar. Beim Stillen kann es trotz „normal aussehender“ Zunge zu Einschränkungen führen.

Welche Symptome können bei einem zu kurzen Zungenband entstehen?

Ein zu kurzes Zungenband (Ankyloglossie) kann eine Vielzahl von Symptomen und Folgeproblemen verursachen – je nach Alter, Ausprägung und Kompensation durch den Körper. Die Beschwerden sind oft nicht sofort offensichtlich, da viele Betroffene Strategien entwickeln, um die eingeschränkte Zungenbeweglichkeit auszugleichen.

Anbei finden Sie die häufigsten Symptome, gegliedert nach Altersgruppen:

Bei Säuglingen (Neugeborene und Babys)

  • Schwierigkeiten beim Stillen
  • Schlechter oder schmerzhafter Ansaugversuch
  • Kurze Stillmahlzeiten, häufiges Stillen
  • Klicken oder Schnalzen beim Saugen
  • Luftschlucken → Blähungen, Koliken, häufiges Spucken
  • Unzureichende Gewichtszunahme
  • Symptome bei der Mutter (Schmerzen an der Brustwarze, wunde Brustwarzen, Brustentzündung oder Milchstau)

Bei Kleinkindern und Kindern

  • Sprachprobleme: Schwierigkeiten mit bestimmten Lauten (v. a. „L“, „R“, „T“, „D“, „S“, „Z“), „Lispeln“ oder undeutliche Aussprache
  • Ess- und Schluckprobleme: Kleckern, Essen fällt aus dem Mund, Schwierigkeiten beim Kauen oder Schlucken
  • Offene Mundhaltung und vermehrte Mundatmung
  • Zahn- oder Kieferfehlstellungen
  • Zungenruhelage nicht korrekt
  • Häufige Ohrinfektionen oder verstopfte Nase

Bei Jugendlichen und Erwachsenen

  • Einschränkung der Zungenbeweglichkeit: Zunge kann nicht an den Gaumen gehoben oder herausgestreckt werden
  • Ausspracheprobleme oder „verwaschene“ Sprache
  • Verspannungen im Kiefer-, Nacken-, Schulter-, Rückenbereich
  • Zähneknirschen, Kiefergelenksschmerzen (CMD)
  • Chronische Mundatmung
  • schlechter Schlaf, Müdigkeit
  • Schnarchen oder Schlafapnoe
  • Kompensationsverhalten (z. B. Zungenpressen, Lippenanspannung)
Was tun, wenn das Zungenband zu kurz ist?

Bevor eine Behandlung erfolgt, sollte immer eine funktionelle Einschätzung durch geschulte Fachpersonen vorgenommen werden, zum Beispiel durch eine Stillberatung (IBCLC) bei Säuglingen, eine logopädische oder sprachtherapeutische Fachkraft oder eine zahnmedizinische oder kieferorthopädische Praxis. Diese beurteilen die Zungenbeweglichkeit (Heben, Strecken, Saugen), Zungenruhelage und -kraft sowie die Auswirkungen auf das Stillen, die Sprache, Atmung, Haltung etc.

Wenn die Zungenfunktion deutlich eingeschränkt ist und alltägliche Prozesse wie Stillen, Sprechen oder Schlucken erschwert werden, kann eine Durchtrennung des Zungenbands notwendig sein. In solchen Fällen kommt häufig die sogenannte Frenotomie zum Einsatz – ein kleiner, gezielter chirurgischer Eingriff durch Ärzte. Dabei wird ein verkürztes Zungenband oder Lippenband behutsam durchtrennt, um die natürliche Beweglichkeit der Zunge oder Lippe wiederherzustellen.

Ziel dieser Maßnahme ist es, die Funktionalität des Mundraums zu verbessern, Blockaden zu lösen und so die Grundlage für gesunde Entwicklung, klare Aussprache, effektives Schlucken und entspannte Atmung zu schaffen – altersunabhängig und nachhaltig.

Besonders wichtig ist die logopädische Vor- und Nachsorge, um ein Reattachment (Wiederanwachsen) sowie Adhäsionen (Verklebungen) zu vermeiden und die neu gewonnene Beweglichkeit zu stabilisieren. Wichtige Maßnahmen sind hierbei Dehnübungen / Wundpflege und gezielte Zungenübungen.

Therapie

Basierend auf einem ausführlichen Gespräch mit Ihnen sowie auf standardisierten und informellen Diagnostikverfahren beraten wir Sie hinsichtlich Therapiebedarf und -ansätzen und sprechen unsere Empfehlung zum therapeutischen Vorgehen aus.

Des Weiteren geben wir Ihnen wichtige Tipps mit auf den Weg, mit welchen Möglichkeiten Sie den Therapieverlauf positiv beeinflussen können.
Jede Therapie wird individuell an die Wünsche und Ziele des Patienten orientiert gestaltet.

Wir unterliegen einer strengen Schweigepflicht. Mit Ihrem Einverständnis arbeiten wir mit Ärzten, Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen und Angehörigen zusammen. Ein ständiger Austausch ist Voraussetzung für eine gute Behandlung und schnelle Erfolge.

Auch Fallbesprechungen innerhalb unserer wöchentlichen Teamsitzung und fachliche Weiterbildungen im Rahmen von zahlreichen Fortbildungen garantieren eine hohe Qualität unserer Arbeit.